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Hacksilberschätze

Die naturwissenschaftlichen Analysen an etwa 400 ausgewählten Fundstücken haben zum Ziel, die chemische Zusammensetzung und die Isotopenverhältnisse des Bleis der Silberfunde zu ermitteln.

  • Laufzeit: 01.01.2017 - 31.12.2020
  • Förderer: VolkswagenStiftung (Programm „Forschung in Museen“)

Hacksilberschätze im Oder- Neiße-Gebiet: archäologisch-analytische Untersuchungen zur Herkunft des Silbers im frühmittelalterlichen Ostmitteleuropa

Das Phänomen der Fragmentierung von Münzen, Schmuck und Trachtzubehör aus Silber – sogenanntes Hacksilber – ist Zeugnis einer im östlichen und nördlichen Europa vom 9. bis ins 11. Jahrhundert üblichen Gewichtsgeldwirtschaft. Der Handelswert beruht dabei nicht auf dem Nominalwert der Münze oder der kunsthandwerklichen Qualität des Schmuckstücks, sondern beschränkt sich allein auf den Materialwert des in der Münze oder dem Schmuck enthaltenen Silbers.

Beteiligte Personen: Dr. Jasper Freiherr von Richthofen, PD Dr. Felix Biermann

Im durch die VolkswagenStiftung (Programm „Forschung in Museen“) geförderten Projekt sollen daher archäologisch-typologische sowie naturwissenschaftliche Untersuchungen an ausgewählten Funden die Herkunft der Schatzbestandteile sowie des Herstellungsmaterials klären. Der Fokus der Untersuchung liegt auf dem fragmentierten Schmuck und den Trachtbestandteilen. Dazu werden Funde aus verschiedenen Museen herangezogen. Arbeitsgebiet ist der Oder-Neiße-Raum, einer der zentralen Kommunikations- und Transferräume Ostmitteleuropas in frühgeschichtlicher Zeit. Insgesamt werden 20 Schatzfunde aus Ostdeutschland untersucht. Die in dieser Kombination erstmals angewandten Methoden erlauben wichtige kultur- und wirtschaftsgeschichtliche Erkenntnisse. Zugleich wird im Rahmen des Vorhabens mit den Schatzfunden ein eindrucksvoller und ebenso rätselhafter Sammlungsbestand deutscher und polnischer Archäologiemuseen betrachtet, dessen Erforschung, Publikation und letztlich auch Präsentation zweifellos große öffentliche Aufmerksamkeit finden wird.

Report

Die naturwissenschaftlichen Analysen an etwa 400 ausgewählten Fundstücken haben zum Ziel, die chemische Zusammensetzung und die Isotopenverhältnisse des Bleis der Silberfunde zu ermitteln. Diese Daten dienen einerseits der Materialklassifikation, die der archäologischen gegenübergestellt wird, und andererseits der Ermittlung der Herkunft der Rohstoffe.

Aber nicht nur die Herkunft des für die Münzprägung oder die Schmuckherstellung verwendeten Rohsilbers ist von kulturhistorischem Interesse und gestattet Einblicke in die Distribution von Silber bzw. die Herkunft der Fertigprodukte. In Verbindung mit der chemischen Analyse des Silbers können die Bleiisotopenverhältnisse beispielsweise wichtige Erkenntnisse zur Zusammengehörigkeit verschiedener Bruchstücke eines einzigen Objektes innerhalb eines Schatzfundes und zur Materialklassifikation ganz allgemein liefern, die der archäologisch-typologischen Klassifikation gegenübergestellt und ggf. verknüpft werden kann. So kann z. B. die Verbreitung bestimmter Material- bzw. Legierungsgruppen in Raum und Zeit oder deren wiederkehrender Nachweis an spezifischen Objekttypen, z. B. bei bestimmten Münzenprägungen oder Trachtschmuckformen, zur Identifikation von Produktionszentren führen oder auf gemeinsame Provenienzen hinweisen.

Die archäometallurgischen Untersuchungen erfolgen mehrstufig. Während der Probenahme in den Museen können zerstörungsfreie Materialanalysen mit einem tragbaren Röntgenfluoreszenzspektrometer durchgeführt werden. Diese geben zumindest eine Übersicht über die verwendeten Legierungen, sind aber besonders bei korrodierten Objekten nicht repräsentativ für das Gesamtobjekt. Deshalb wird in der Regel von jedem Objekt eine kleine (ca. 10 mg) Materialprobe entnommen, die im Labor gereinigt und mittels Röntgenfluoreszenz und/oder Massenspektrometrie gekoppelt mit Laserablation hinsichtlich der Haupt- und Spurenelemente quantitativ analysiert wird. Bei solchen Projekten stellt sich häufig die Frage nach einer bestimmten Herstellungstechnik, z. B. bei Vergoldungen. In diesem Fall kann die Probe vor der weiteren Verarbeitung mit einem Rasterelektronemmikroskop untersucht werden, um etwa die Dicke und die Auftragungstechnik der Goldschicht zu bestimmen.